Die neue Welt der Jobsuche

“Ich melde mich bei Ihnen“ – mit diesem Satz endeten noch vor ein paar Jahren viele Erstgespräche bei Jobinterviews, und dann gab es teilweise lange Wartezeiten bis zur Absage. Heute hat sich das vielerorts umgedreht und HR-Fachleute hören den Satz von Bewerbern und Bewerberinnen. Aktuell können sich Arbeitssuchende oftmals zwischen verschiedenen Jobangeboten entscheiden.

Eine WKO-Umfrage letzten Jahres hat gezeigt, dass von den 4.000 befragten Betrieben in Österreich 87% von einem Mangel an Fachkräften betroffen sind. Die größten Probleme gibt es derzeit bei der Suche nach Personen mit Lehrabschluss; die geringsten Schwierigkeiten haben die Betriebe beim Nachbesetzen von Personen mit AHS- oder Uni-/Abschluss.

Ein Grund dafür ist der demographische Wandel. Die geburtenstarken „Babyboomer“-Jahrgänge der 1960er-Jahre kommen ins Pensionsalter, und deswegen gibt es nicht nur Debatten über die Finanzierbarkeit des Pensionssystems, sondern es gelangt zunehmend die Arbeitsmarktproblematik in den Fokus.

Die Auswirkungen sind bereits zu spüren. Laut dem Mittelstandsbarometer 2023, einer Studie von EY Österreich, verzeichnen mehr als 50% der Unternehmen Umsatzeinbußen infolge von Personalnot.

Die Zeiten, in denen einfach darauf gewartet wurde, bis sich jemand auf eine Stellenanzeige meldet, sind erstmal vorbei. Wer heute Top-Talente für sein Unternehmen will, muss aktiv auf die Suche gehen und selbst mögliche Prospects ansprechen. Im Recruiting wird dies neuerdings Active Sourcing genannt (im Gegensatz zum bisherigen Ansatz, dem das Etikett Post & Pray verpasst wurde – sozusagen die anglizierte Version des Prinzips Hoffnung.)

 

Wie aber findet man im global-digitalen Zeitalter die besten Talente für offene Stellen und welche Forderungen an einen modernen Arbeitsplatz stellen diese?

mScience, die Forschungs- und Innovations-Unit der GroupM, hat sich vor diesem Hintergrund dafür interessiert, auf welchem Weg die Erfolgsaussichten von Jobbesetzungen am größten sind und welche Erwartungen an einen neuen Job gestellt werden. Dafür wurden von Dezember 2022 bis Februar 2023 insgesamt 1.834 Onlineinterviews, repräsentativ für die österreichische Bevölkerung von 15–59 Jahren, durchgeführt.

 

Generation Z – immer am Sprung

Eine Anstellung auf Dauer in ein und derselben Firma mag für die GenZ unvorstellbar klingen. Ihnen scheint die Jobwechselbereitschaft in die (digitale) Wiege gelegt. Die Hälfte der unter 30-Jährigen ist seit max. 2 Jahren im aktuellen Job tätig, und nur 16% befinden sich seit mehr als 6 Jahren in ihrem derzeitigen Job. Zig Stellenangebote sind nur einen Mausklick entfernt und die Bewerbungsunterlagen ohnehin bereits fertig abgespeichert und schnell verschickt. Das Thema Job-Hopping spiegelt sich auch bei der Frage nach der Jobwechsel-Wahrscheinlichkeit in den Umfrageergebnissen wider. Während über alle Altersgruppen hinweg 16% der Befragten offen für einen Jobwechsel sind, ist vor allem bei den Erwerbstätigen zwischen 15 und 29 Jahren die Wechselbereitschaft stärker ausgeprägt. 23 Prozent geben eine hohe Wahrscheinlichkeit an, dass sie innerhalb dieses Jahres auf Jobsuche gehen.

 

Arbeitsplatztreue in der Generation X

Es gibt sie noch, jene Menschen, die schon seit vielen Jahren beim selben Unternehmen beschäftigt sind. In der Altersklasse der 30-59-Jährigen ist die Hälfte seit über 9 Jahren im aktuellen Job tätig. Diese Arbeitsplatztreue wird auf die unterschiedliche Sozialisierung zurückgeführt. Zur damaligen Zeit war der Zeitgeist, auch aufgrund der noch nicht so stark ausgeprägten Digitalisierung, ein anderer und die Arbeitswelt weniger dynamisch. In dieser Altersgruppe ist auch die Jobwechsel-Wahrscheinlichkeit weit weniger stark ausgeprägt und Stetigkeit nach wie vor eine Tugend. Nur 13% der 30-59-Jährigen steht mit großer Wahrscheinlichkeit ein Jobwechsel im heurigen Jahr bevor.

 

Wie bisher: Gehalt und örtliche Nähe als treibende Kräfte bei Jobwechsel

Sieht man sich die verschiedenen Generationen und ihre Präferenzen hinsichtlich eines Arbeitsplatzwechsels an, zeigt sich ein deutliches Bild, welches angesichts der in Medien und Social Media stark diskutierten Themen sehr klassisch anmutet: Das gebotene Gehalt wird über alle Generationen und Geschlechter hinweg als wichtigster Faktor angesehen. 94% der Befragten geben an, dass das Gehalt sehr wichtig/wichtig ist. An zweiter Stelle folgt die örtliche Nähe, die für 88% der Befragten sehr wichtig/wichtig ist. Auf dem dritten Platz folgt für die junge Generation die berufliche Weiterentwicklung, wohingegen die 30-59-Jährigen nach Gehalt und Nähe den meisten Wert auf die übereinstimmenden Unternehmenswerte legen.

Doch damit nicht genug: Es lässt sich sagen, dass junge Menschen klare und höhere Anforderungen an ihren Arbeitsplatz haben. Im Vergleich zu den 30-59-Jährigen spielen das Gehalt und die Nähe eine weniger wichtige Rolle, dafür aber sind die Wünsche nach der beruflichen Weiterentwicklung und den Karrierechancen stärker ausgeprägt. Auch Mentoring-Angebote oder Nebenleistungen (z. B. Essenszuschuss, Fitnessstudio) stehen bei den Jungen weiter oben auf der Wunschliste.

 

Es werden zunehmend eigene Werbebudgets für Recruiting-Kampagnen eingesetzt

Unternehmen buhlen um Arbeitskräfte, und dank kreativer Lösungsansätze können diese auch gefunden werden.

Aufgrund der schwierigen Lage für Firmen, offene Stellen zu besetzen, haben sich gerade in den letzten Monaten immer mehr Firmen entschieden, eigene Werbekampagnen zum Recruiting zu schalten. Von den jungen Erwerbsfähigen haben bereits 50% darauf reagiert, bei den älteren waren es noch 23%. Die meisten haben die angegebene Homepage aufgesucht bzw. gleich im Internet das Werbemittel angeklickt. Für 12% war ein QR-Code auf einem Druckwerk animierend, sich näher mit der werbenden Firma auseinander zu setzen.

 

Online-Jobbörsen sind wichtigste Quelle bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz

67% aller Befragten geben an, dass sie sich bei einer möglichen Jobsuche auf den diversen Onlinebörsen informieren würden. Diesen obersten Rankingplatz nehmen karriere.at und Co. sowohl bei den jüngeren, als auch bei den älteren Personen ein.

karriere.at (2004 in Linz gegründet) konnte sich, deutlich vor ams.at und willhaben.at, als wichtigste Onlineplattform etablieren.

 

Bei beiden Altersgruppen steht dann mit 46% aber das „persönliche Netzwerk“ gleich an zweiter Stelle (15-29 J.: 40% und 30-59 J.: 49%) aller möglichen Quellen.

Übrigens: Über den klassischen Headhunter würden speziell von den jungen Befragten nur noch 7% ihr Glück versuchen.

Wollen Firmen jene Personen erreichen, die eine Lehre oder eine Handelsschule absolviert haben, dann unterscheiden sich diese in der Nutzung der Quellen, die sie für die Arbeitsplatzsuche heranziehen, von Personen mit Matura- oder Uni-Niveau. Nach den Onlinebörsen steht bei diesen Personen an zweiter Stelle das AMS. Plattformen wie LinkedIn oder Xing haben nur eine untergeordnete Rolle. Für Live-Maßnahmen sind sie aber genauso zu haben wie höher Gebildete.

Viele HR-Verantwortliche vermuteten schon bisher ein Ost/West-Gefälle in Bezug auf die verwendeten Quellen. Die Studie der mScience zeigt, dass tatsächlich die Jobsuchenden im Westen etwas weniger den Onlinebörsen vertrauen, dafür aber immer noch ihr Glück in Zeitungen und beim AMS suchen.

Online Live-Recruiting, die moderne Form der Suche nach Talenten

In den letzten Jahren hat sich das Online-Live-Recruiting zu einer immer beliebteren Methode der Personalbeschaffung entwickelt, insbesondere aufgrund der zunehmenden Digitalisierung und der Vorteile, die es bietet.

Online-Live-Recruiting-Veranstaltungen können beispielsweise in Form virtueller Jobmessen, Karrieretage oder Recruiting-Events stattfinden. Dabei können Bewerberinnen und Bewerber mit potenziellen Arbeitgebern in einem Online-Chat, Video- oder Audio-Interviews kommunizieren und sich über offene Stellen und Karrieremöglichkeiten informieren.

Ein großer Vorteil des Online-Live-Recruitings für die Suchenden besteht darin, dass es eine ortsunabhängige und flexible Möglichkeit bietet, mit potenziellen Unternehmen in Kontakt zu treten. Bewerberinnen und Bewerber können bequem von zu Hause aus teilnehmen und müssen keine weiten Anfahrtswege in Kauf nehmen. Unternehmen können wiederum aus einem größeren Pool an Bewerbungen schöpfen und so eine höhere Anzahl an potenziellen, neuen Teammitgliedern kennenlernen.

Gänzlich neue Recruitingmethoden, wie es z.B. das Live-Recruiting von mStudio der GroupM darstellt, haben bereits auch 4% aller befragten 15-29-Jährigen zu einem neuen Job gebracht! Insgesamt stufen 52% „Live-Online-Events, die von Firmen organisiert werden, bei der die Führungspersonen von einem Moderator interviewt werden und live Fragen gestellt werden können“ als „sehr ansprechend“ bzw. als „ansprechend“ ein.

Die World Employment Confederation zeigt 2021 in einer Studie, dass 60% der befragten Personalvermittlungen davon ausgehen, dass diese Praxis auch in Zukunft beibehalten werden wird.

Es ist wichtig, dass Unternehmen verschiedene Kanäle nutzen, um potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten zu erreichen. Es lohnt sich, Zeit und Mühe in die Suche nach den Talenten zu investieren, um sicherzustellen, dass die richtigen Personen für die jeweiligen Positionen gefunden werden.